31 Jan 2013

Frau Schneider und die Handwerker (6)

12 Tage nach dem Vorfall
Frühabends

Der Klempner

„Is‘ doch egal! Stimmt vielleich‘ gar nich‘. Is‘ sicher Klempner…. und wenn’er Klempner is‘! Is‘ auch nur’n Mann.“
Keira Callahans Worte rufen sich ihr ins Gedächtnis, als sie im Büro ihrer Vaters an seinem Computer sitzt und eilig ein paar Emails durchgeht. Auf der anderen Seite des Tisches sitzt Jacob Bale, lässig in den Stuhl gefläzt, mit dem er kippelt und auf zwei Beinen balanciert. Elisabeth würde lächeln, bei der Erinnerung, nur hat sie das Gefühl vergessen zu haben wie es geht.

Tolles Model bin ich. Berufsunfähig.
Gut sieht er aus, wie immer. Trotz ihrer Trauer, die sie wie eine schwarze Aura zu umgeben scheint, muss sie das feststellen. Jacob bemüht sich, ihr ein Freund zu sein, das Gespräch etwas aufzulockern – aber er scheitert. Er hält ihre Hand, er umarmt sie, wenn sie Halt braucht. Er bedauert ihre Tränen.
Aber er weiß nicht, wann es besser ist zu schweigen.
Elisabeth konzentriert sich wieder auf den Monitor. Sie will es ihm nicht vorwerfen, dafür kennt sie ihn zu gut. Er ist hier und sorgt sich.

Das Klingeln des Telefons reißt sie aus ihren Gedanken. Sie starrt das Display an und erkennt die Nummer des Krankenhauses wie ein dunkles Omen. Zögernd greift sie nach dem Hörer und meldet sich hastig: „Elisabeth Maria Schneider.“
Dann hört sie zu und schließt resigniert die Augen. Jacob regt sich neben ihr. Irgendwann in den letzten fünf Minuten muss er aufgestanden sein, ohne dass sie es wahrgenommen hat. Das Gespräch dauert nicht lang, sie legt recht bald auf. Elisabeth hört seine Frage nicht, sie denkt darüber nach, was Frau Dr. Thierbach ihr eben in dem kurzen Telefongespräch mitteilen wollte.
„Er ist aufgewacht und hat nach mir gefragt.“ Sie wiederholt die Worte, um sie selbst begreifen zu können. Erst dann setzt die Erleichterung ein und bringt Tränen mit sich.
Im nächsten Moment umarmt sie ihn fest. Sie bedankt sich emotional für seinen Beistand und küsst ihn.
Welchen Effekt das auf ihn hat, bekommt sie nicht bewusst mit. Elisabeth’s Gedanken sind schon beim nächsten Problem: Ich muss Papa sagen, dass seine Frau und sein Sohn tot sind.

Jacob begleitet sie zurück ins Krankenhaus. Er hält sich zurück, als sie zu ihrem Vater ans Bett tritt und nach seinen Händen greift, um ihm das Unausweichliche zu erklären.
Hans-Werner Schneider, mit unordentlichem Bart, blass und erschöpft wirkend, reagiert so gefasst wie es ihm möglich ist. Er zieht seine Tochter in eine feste Umarmung und beachtet den dunklen Mann in seinem Zimmer nicht, dessen Telefon sich in diesem unpassenden Moment meldet.
Als Vater und Tochter sich wieder voneinander lösen können und Elisabeth sich umsieht, sind sie allein im Zimmer.

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