Der Verstand vermittelt ihr, dass sie nicht in ihrer Wohnung (oder im Bereitschaftsraum auf der Liege) ist, sondern in einem Raumschiff, noch bevor sie die Augen wieder öffnet. Es ist ein Wachwerden von der Art, bei der man sich sicher ist, dass man auf gar keinen Fall die Augen aufmachen möchte. So wie vor zwei Wochen. Nach dem Notruf, Nach dem Metallpfeiler im Leib einer Freundin, nach ihrem von ihr persönlich festgestellten Todeszeitpunkt. Aber auch damals hat sie die Augen aufgemacht.
Der Unterschied zu heute ist: Sie kennt hier niemanden. Nur Kalle wüsste, dass es nicht normal für ihre Verhältnisse ist, sich in traumatischen Situationen auch normal zu benehmen. Also: Angst, Panik, Schock, Nervosität, Verlustängste, Existenzängste. So wie die verstörten Geiseln sich vermutlich gerade fühlen. Die Ärztin atmet tief durch und erforscht ihr Inneres mit Zeit und Ruhe. Da wohnt eine geniale aber vorlaute Psychiaterin in ihrem Verstand, und die gibt ihr grünes Licht. Sie behauptet, der Zustand sei nicht optimal, aber auch nicht besorgniserregend.
Therapieren wir selbst, meint sie,
oder wir tanzen es raus. Je nachdem, was zuerst nötig ist und möglich sein wird.